Dass Ronald Pofalla in den Bahnvorstand wechselt, kann seit Gerhard Schröders Wechsel zu Gazprom auch keinen mehr wirklich überraschen. Trotzdem sollte man sich von derlei Verhalten unserer lieben Interessenvertreter über die Jahre nicht immer weiter einlullen lassen. Man sollte sich vielmehr erneut kritisch fragen, was davon zu halten ist, wenn unsere Politiker, insbesondere in Regierungsposition, nach dem Ausscheiden aus eben solcher direkt einen Posten in einem großen Wirtschaftsunternehmen übernehmen, dazu mit einem fantastischen Gehalt.
Rechtlich ist das völlig legitim, moralisch muss man sich jedoch fragen lassen, ob nicht ein Interessenkonflikt vorliegen könnte, zumindest dann, wenn man noch weiterhin Mitglied des Deutschen Bundestages bleibt. Auch hier mögen manche nicht die geringsten Bedenken haben, schließlich ist das seit eh und je ganz normale Praxis im Politikeralltag. Nun gut, es gibt andere, die sprechen in diesen Fällen von einer „modernen Variante der Korruption“. Sicherlich, juristisch sollte es kaum möglich sein, derartige Jobwechsel unter einen der diversen strafrechtlichen Korruptionssachverhalte (z.B. Bestechlichkeit oder Vorteilsnahme) zu subsumieren. Moralisch könnte man jedoch argumentieren, Korruption liege bereits vor, wenn alle Beteiligten dasselbe denken. Ohne Zweifel hat der Wechsel eines Politikers in eine Führungsposition eines Wirtschaftsunternehmens einen faden Beigeschmack, noch dazu, wenn es ganz öffentlich heißt, er wolle wie Pofalla Lobbyarbeit leisten. Auf der anderen Seite scheint uns ja auch nicht zu stören, dass Angela Merkel seit Jahren von Alexander Dibelius beraten wird, seines Zeichens Deutschland- und Quasi-Europachef der amerikansichen Investmentbank Goldman Sachs.
Wie dem auch sei, was mich die letzten beiden Tage auf facebook beschäftigte, ist eine Meldung des Postillon von gestern, eine Satire-Nachrichtenseite, die von Stefan Sichermann seit 2008 betrieben wird. Die Meldung war grandios! Sichermann hat lediglich den Wechsel Pofallas in den Deutsche Bahn Vorstand abgedruckt, so wie man ihn in den großen Gazetten seit gestern überall im Internet oder den Tageszeitungen findet. Die Meldung war Realsatire und vom Postillon gepostet, um die Absurdität Pofallas Verhalten auf den Punkt zu bringen. Als Sahnehäubchen hat sich Sichermann den Spaß erlaubt, die Meldung auf den 01.01.2014 zurückzudatieren, um den Eindruck zu erwecken, alle Zeitungen, Print und Internet, seien auf einen Scherz des Postillon reingefallen, genial!
Was aber noch viel lustiger oder sagen wir trauriger ist, sind die Reaktionen im Internet und auf der facebook-Seite des Postillon, zu finden bei den Meldungen Feedback 1-4 zur Pofalla Meldung, hier. Insbesondere Leser des Satiremagazins entblößen dort in hunderten Kommentaren, dass sie all das überhaupt nicht verstanden haben. Die meisten finden es total lustig, dass der Postillon „offensichtlich alle an der Nase herumgeführt hat“. Was soll man dann erst von den Menschen denken, die Satire gar nicht schauen, geschweige denn verstehen?
Die allerwenigsten der vielen hundert Kommentierenden erkennen, warum der Postillon diese Meldung überhaupt brachte, weil die Realität schlimmer ist als die beste Satire.
Armes Deutschland …
KIKI